Berlin, 10.05.2023 | Die Bundesländer Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein wollen diesen Freitag einen Entschließungsantrag in den Bundesrat einbringen, in dem die Länderkammer die Bundesregierung zu einer schärferen MVZ-Regulierung auffordert. Begründet wird dieser Vorstoß von den zuständigen Landesgesundheitsministerin und –minister mit der Stärkung einer am Patientenwohl orientierten Versorgung. Der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren (BBMV) e.V. kritisiert den Ansatz der Länder: Angesichts der demografischen Entwicklung, befeuern die Länder eine Versorgungsknappheit.
„Wir sind uns beim genannten Ziel, die ambulante Versorgung im Sinne der Patientinnen und Patienten zu gestalten einig“, stellt die Vorsitzende des BBMV, Sibylle Stauch-Eckmann fest. „Allerdings erfüllen die meisten der Forderungen von Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein diesen Anspruch nicht – im Gegenteil, sie schwächen sogar die ambulante Versorgung.“, ist sich die BBMV-Vorsitzende sicher.
Einig sei man sich, dass mehr Transparenz in das System der ambulanten Versorgung und der Leistungserbringer gebracht werden muss. Das sei Voraussetzung, um die Entwicklungen in der ambulanten Versorgung zu erfassen und patientenorientiert auszugestalten.
Denn die ambulante Versorgung befindet sich in einem Umbruch: Wie Zahlen des Bundesärzteregisters zeigen, waren Ende 2022 bereits 41 Prozent der Ärztinnen und Ärzte 60 Jahre und älter, 16 Prozent sind sogar über 65 Jahre alt.
„Wir befinden uns mitten in einem Generationswechsel.“, so Stauch-Eckmann, „Allerdings wollen die jüngeren Ärztinnen und Ärzte viel seltener als selbstständige Einzelkämpfer arbeiten, sondern bevorzugen eine Anstellung im MVZ, in dem sie kooperativ arbeiten können und von Bürokratie, Personal- und Finanzierungsverantwortung befreit sind.“
Das spiegeln auch die Zahlen einer aktuellen Befragung des Ärztenachrichtendienstes: Insgesamt 62 Prozent der Befragten schätzen die Chance, eine oder einen Nachfolger für ihre Praxis zu finden als „schwierig“ ein, 23 Prozent halten dies sogar für „hoffnungslos“. Lediglich 15 Prozent der befragten schauen optimistisch auf die Nachfolgesuche.
Aber auch die Patientinnen und Patienten spüren den Umbruch in der Versorgung. Laut einer Befragung im Auftrag des BBMV geben 56 Prozent der Befragten an sehr lange auf einen Arzttermin zu warten. 39 Prozent gaben an, es befänden sich zu wenige Arztpraxen in ihrer Nähe. Die Deutschen schauen insgesamt pessimistisch auf die zukünftige medizinische Versorgung: 58 Prozent sind der Ansicht, dass sich diese in den nächsten Jahren bei ihnen vor Ort verschlechtern wird.
Aus Sicht der BBMV-Vorsitzenden müssten diese Zahlen die Politik aufrütteln: „Wir laufen sehenden Auges in eine Versorgungsknappheit und als Antwort wollen Bayern, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein auch noch die Zahl der möglichen Versorgungseinrichtungen einschränken – das passt für mich nicht zusammen. Wir müssen im Gegenteil dafür sorgen, dass alle Formen und Möglichkeit den Menschen eine hochwertige und wohnortnahe Versorgung anzubieten, erhalten bleiben und regulatorische Hürden abgebaut werden.“
Die BBMV-Vorsitzende sieht zum Beispiel das Erfordernis für MVZ-Gruppen ein Krankenhaus als Gründungsvoraussetzung zu kaufen als kontraproduktiv. „Diese Regelung wurde schon vor ihrer Einführung 2012 stark kritisiert, denn im Endeffekt wurden dadurch regionale Kooperationen verhindert. Angesichts der aktuellen Situation sollte hier wieder angeknüpft werden und die Gründungseigenschaften für MVZ wieder gelockert werden. In diese Richtung argumentieren unter anderem auch die Ersatzkrankenkassen“, so Stauch-Eckmann. Flankiert werden könnte das zum Beispiel durch einen Abbau von Beschränkung in der Telemedizin und einer Delegation ärztlicher Leistungen.
Über den Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren – BBMV e.V.
Der Bundesverband der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e.V. setzt sich für eine breite Trägervielfalt und die bestmögliche Versorgungsqualität für Patientinnen und Patienten im ambulanten Gesundheitssektor ein. Die Mitglieder betreiben bundesweit Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und Zweigpraxen und tragen so zur wohnortnahen haus- und fachärztlichen Versorgung bei. Um diese Investitionen in die Qualität der Gesundheitsversorgung tätigen zu können, greifen sie auf private, nichtärztliche Kapitalgeber zurück.