Investoren sichern ambulante Versorgung: Qualität, Nachwuchs und Patientenzugang im Fokus
Berlin, den 05.09.2025 | Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) hat in ihrer jüngsten PM MVZ mit privaten, nicht-ärztlichen Kapitalgebern als Bedrohung für die ambulante Versorgung dargestellt. „Wir weisen diese unbelegten Vorwürfe entschieden zurück“, so Sibylle Stauch-Eckmann, Vorsitzende des Bundesverbandes der Betreiber medizinischer Versorgungszentren. „Es gibt keinerlei Belege dafür, dass MVZ-Gruppen die Versorgungsqualität mindern oder die Versorgungssicherheit gefährden. Vielmehr wirkt die Kampagne der KVB wie ein Feldzug gegen unliebsame Konkurrenz.“
MVZ-Gruppen sind kein Risiko, sondern Teil der Lösung. Der Ärztemangel, der demografische Wandel und wachsende bürokratische Belastungen führen dazu, dass immer weniger junge Ärztinnen und Ärzte eine eigene Praxis übernehmen wollen. Ohne MVZ drohen Schließungen, auch in strukturschwachen Regionen. MVZ-Gruppen tragen dazu bei, Praxen langfristig zu sichern und die ambulante Versorgung aufrechtzuerhalten.
Viele junge Medizinerinnen und Mediziner suchen heute eine Anstellung statt Selbstständigkeit – mit geregelten Arbeitszeiten, weniger Verwaltungsaufwand und klaren Karriereperspektiven. MVZ-Gruppen schaffen genau diese Strukturen, stärken die Attraktivität des Arztberufs und wirken dem Nachwuchsmangel entgegen.
MVZ mit privatem Kapital sichern nicht nur bestehende Versorgungsstrukturen, sondern ermöglichen Investitionen in modernste Geräte und digitale Abläufe, insbesondere in kapitalintensiven Bereichen wie der Radiologie. Standardisierte Prozesse sorgen für hohe Behandlungsqualität und Patientensicherheit.
Augenarzt Dr. Thomas Tyrtania hat seine Erfahrungen nach dem Verkauf an Sanoptis kürzlich dem Ärztlichen Nachrichtendienst (ÄND) geschildert: „Durch den Verkauf ergaben sich viele neue Möglichkeiten, die Praxis und das MVZ zukunftsfähig aufzustellen. Wir konnten in moderne ophthalmologische Technik wie Laser sowie in den Ausbau der Infrastruktur investieren. Es wurde zum Beispiel ein neuer Standort hinzugewonnen und ein Shuttlebus eingerichtet, der die Patientinnen und Patienten zwischen den Standorten befördert.“
Auch der oft geäußerte Vorwurf der „Rosinenpickerei“ kann nicht durch seriöse Untersuchungen belegt werden. Dafür kommt vielmehr eine aktuelle Untersuchung zum kinderophthalmologischen Versorgungsbeitrag der großen augenmedizinischen Zentren der OcuNet GmbH & Co. KG zu dem Schluss, dass MVZ-Gruppen im gleichen Leistungsumfang behandeln wie die Fachgruppe als solches. Bei Kindern (< 6 Jahre nach EBM) zeigte sich kein signifikanter Unterschied zur Fachgruppe weder bezogen auf alle großen Zentren noch nach Trägerschaft (3,7 % bei allen Zentren der OcuNet GmbH & Co. KG vs. 3,2 % im Fachgruppenschnitt, alle Daten 2019). (Link zum Abstract: https://lnkd.in/ePsWyyEW)
Die Darstellung von „Gewinnmaximierung um jeden Preis“ entspricht nicht der Realität seriöser Investoren. Das Handeln unserer Mitglieder ist auf Stabilität und nachhaltige Strukturen ausgelegt.
Infektiologe Dr. Wolfgang Schmidt von Medicover äußerte sich gegenüber dem ÄND auf die Frage, ob sich an seiner medizinischen Tätigkeit nach dem Verkauf etwas geändert hat und ob Vorgaben durch Medicover gäbe, folgendermaßen: „Nein, überhaupt nicht. Wir arbeiten hier weiterhin hoch qualitativ nach evidenzbasierten medizinischen Kriterien und nach neuen Therapiestandards. Da kann der Betreiber eines MVZ, wenn es ein Unternehmen ist, überhaupt nicht reinreden, weil er in der Hinsicht keine Expertise hat. Wir haben da wirklich vollkommen freie Hand. Und das muss auch so sein. Der Vorwurf, dass der Investor im Hintergrund sitzt und die ganze Zeit „mehr, mehr, mehr“ schreit, das ist bei uns überhaupt nicht so, im Gegenteil. Wir haben eher den Luxus, dass wir uns für bestimmte Dinge einfach Zeit nehmen können, die man als Alleinkämpfer in einer Einzelpraxis nie hätte.“ Ähnliches schildert der Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Dr. Dirk Landwehr von Corius „Wir haben als Praxisteam nach dem Verkauf einfach so weitergearbeitet wie bisher und es hat sich an der medizinischen Tätigkeit gar nichts verändert, da wird absolut nichts von außen beeinflusst. Und deswegen bin ich auch immer noch unverändert motiviert dabei.“ Klar positioniert er sich gegen die Vorurteile: „Ich finde, die Corius-Gruppe zeigt, dass Investoren, die Arztpraxen kaufen, neben legitimen wirtschaftlichen Interessen auch Wert legen auf eine medizinische Versorgung mit ethischem Anspruch. Dieses Gegenüberstellen von investorengeführten MVZs auf der einen Seite als „die Bösen“ und von den Niedergelassenen mit ihren Einzelpraxen auf der anderen Seite als „die Guten“, das ist doch Blödsinn.“
„Während die KVB nur auf anonyme Stimmen setzt, bekennen sich unsere Ärztinnen und Ärzte mit Klarnamen zu ihren Erfahrungen und übernehmen Verantwortung für ihre Aussagen“, betont Stauch-Eckmann.
Einzelne schwarze Schafe müssen konsequent geahndet werden, dürfen jedoch nicht als Maßstab für die gesamte Branche herangezogen werden. Wir setzen uns für klare Qualitätsstandards, Transparenzpflichten und die konsequente Einhaltung aller medizinischen Leitlinien ein.
Die KVB erhebt regelmäßig Regulierungsforderungen, ohne dass ein tatsächlicher Bedarf nachweisbar wäre. Einer Regulierung wie von ihr gefordert, stünden nicht nur enge verfassungsrechtliche Vorgaben zum Gleichheitsgebot und zur Berufsausübungsfreiheit entgegen, sondern würde sich auch unmittelbar negativ auf die Versorgung vor Ort auswirken.
Eine Weiterentwicklung des Rechtsrahmens sollte deshalb vielmehr auf Qualität, Abbau von Bürokratie und faire Wettbewerbsbedingungen aller ambulanten Anbieter setzen.
Dementsprechend plädieren wir dafür, die Zulassung von MVZ ausschließlich an Qualitätskriterien, Versorgungsbedarf und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auszurichten – unabhängig von Trägeridentität oder Rechtsform. Solange ein MVZ die Anforderungen der vertragsärztlichen Versorgung erfüllt und dem Patientenwohl dient, ist es unerheblich, ob der Träger ein Krankenhaus, eine Ärztegruppe oder ein nicht-ärztlicher Investor ist. Die derzeitige Beschränkung wirkt als ungerechtfertigter Marktzutrittsfilter, hemmt Innovation und Dynamik und hat keine belegten negativen Auswirkungen auf die Versorgungsqualität. Eine Aufhebung der Gründungsbeschränkungen würde die ambulante Versorgung stärken, neue Investitionen und Kooperationen ermöglichen und die Abhängigkeit von Krankenhausstrukturen reduzieren. „Eine wirkliche Weiterentwicklung wäre, das Krankenhaus als Gründungsvoraussetzung abzuschaffen“, fordert Stauch-Eckmann. „Es gibt keine fachliche Begründung dafür, weshalb ein Unternehmen mit Expertise in der ambulanten Versorgung ein Krankenhaus aus rein regulatorischen Gründen führen muss“.
Statt ungerechtfertigte Ängste zu schüren, sollte die Selbstverwaltung an patientenorientierten Lösungen arbeiten. Ziel bleibt: Patientinnen und Patienten eine verlässliche, moderne und qualitativ hochwertige Versorgung zu bieten – heute und in Zukunft.