Statement zur "mehr/wert"-Sendung im Bayerischen Rundfunk

Berlin, 21.04.2023 | Am gestrigen Donnerstag lief ein Bericht in der Sendung „mehr/wert“ des Bayerischen Rundfunks mit dem Titel „Praxisübernahmen durch Finanzinvestoren“. Dort wurden unbelegte Behauptungen gegen MVZ-Gruppen mit nichtärztlichen Kapitalpartnern in den Raum gestellt, u.a. von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern.

 

 

Leider hat das „mehr/wert“-Redaktionsteam bzw. des Bayerischen Rundfunks es nicht für nötig gehalten, diese Aussagen anhand der bestehenden Faktenlage zu hinterfragen und kritisch einzuordnen. Stattdessen hat die Moderatorin der Sendung die Behauptungen im Verlauf der Sendung schlichtweg reproduziert.

 

Dieses Vorgehen befremdet uns. Von einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt haben wir eine ausgewogene Berichterstattung unter Einbezug aller vorliegender Informationen erwartet. Diese lagen explizit vor. Denn auch der BBMV e.V. wurde für eine schriftliche Stellungnahme angefragt, der in der Sendung jedoch nicht auftaucht. Hier wurde uns von Seiten der recherchierenden Journalistin versichert, dass die Antwort des Bundesgesundheitsministerium auf die Kleine Anfrage der CDU/CDU-Bundestagsfraktion bekannt sei. In dieser Stellungnahme des BMG wird deutlich, dass es keinerlei Evidenzen gibt, die die Behauptungen von KVB stützen.

 

Anscheinend haben ausgewogene Argumente und eine faktenbasierte Sachlichkeit nicht in das Sendungskonzept gepasst. Stattdessen werden mit solchen Beiträgen Patientinnen und Patienten verunsichert und die Arbeit von angestellten Ärztinnen und Ärzten schlecht geredet. Gegen diese Verunglimpfung wehren sich diese in einem Offenen Brief zu Recht.

Zur Transparenz veröffentlichen wir unsere schriftliche Stellungnahme und die Fragen des Bayerischen Rundfunks für „mehr/wert“.

 

Vorbemerkung BBMV e.V.:

Fast 20 Jahre nach der Einführung von MVZ in die vertragsärztliche Versorgung und seit mehr als 10 Jahren der Beteiligung nichtärztlicher Kapitalgeber an MVZ-Strukturen liegen nach Aussage des Bundesministeriums für Gesundheit keine Evidenzen vor, die eine schlechtere Versorgung oder Fehlentwicklungen dieser Leistungserbringergruppe belegen.

 

Das verwundert nicht, denn das Fehlverhalten einer Leistungserbringerin bzw. eines Leistungserbringers ist nicht von der Praxis-, Inhaber- oder Trägerform abhängig und daher auch ein ungeeigneter Ansatzpunkt für eine Regulierungsdebatte.

 

Es gibt zahlreiche Instrumente, mit denen Fehlverhalten in der ambulanten Versorgung aufgedeckt, geahndet und sanktioniert werden können. Diese Regeln gelten richtigerweise für alle Ärztinnen und Ärzte, sowie Praxisformen von der Einzelpraxis bis zum MVZ.

 

Anderslautende Vorwürfe stellen eine Diskreditierung der Arbeit von angestellten Ärztinnen und Ärzten in MVZ-Gruppen dar. Dagegen verwehren sich die Betroffenen zu Recht. 

 

Auf die Erkenntnisse des Rechtsgutachtens „Stand und Weiterentwicklung der gesetzlichen Regelungen zu medizinischen Versorgungszentren (MVZ)“ im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit, auf die Studie „Die Rolle von MVZ in der ambulanten Versorgung – besteht regulatorischer Handlungsbedarf“ im Auftrag des BBMV und ALM, sowie auf die Antwort des Bundesministeriums für Gesundheit auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion „Auswirkungen investorengetragener Medizinischer Versorgungszentren auf das

Gesundheitssystem in Deutschland“ (Bundestag-Drs. 20/5166) wird verwiesen.

 

 

Frage Bayerischer Rundfunk: Von Seiten der KVB wird kritisiert, dass investorengeführte Praxen „Rosinenpickerei“ betreiben würden, weil Renditeerwartungen der Investoren befriedigt werden müssten. Was sagen sie zu dem Vorwurf, dass der Fokus auf lukrativen Behandlungen liegen würde?  

 

Die von der KVB beim IGES-Institut beauftragte „Versorgungsanalyse zu MVZ im Bereich der KV Bayern“ kommt zu dem Ergebnis: „Der [MVZ-]Träger, der am ehesten mit konstant höheren Honorarvolumina assoziiert ist, sind die Vertragsärzte.“ (S. 18, Kurzform).

Obwohl die Studie erhebliche Mängel in der Methodik aufweist, zeigt die Untersuchung an dieser Stelle, dass Vorwürfe einer „Rosinenpickerei“ gegenüber MVZ mit nichtärztlichen Kapitalpartnern unhaltbar sind.

 

  

Frage Bayerischer Rundfunk: Außerdem wird kritisiert, dass in investorengeführten Praxen Behandlungsleistung durchgeführt würden, ohne dass sie unbedingt medizinisch notwendig seien.  Was sagen zu dem Vorwurf, dass eine "Überbehandlung" stattfinden würde?

 

Die ärztliche Weisungsfreiheit in medizinischen Fragen ist auch für angestellte Ärztinnen und Ärzte gesetzlich und berufsrechtlich garantiert und gilt in allen Versorgungseinrichtungen, selbstverständlich auch in MVZ. Die Arbeitsverträge der angestellten Ärztinnen und Ärzte werden durch die Zulassungsausschüsse auf die Einhaltung der Weisungsfreiheit geprüft. Nach § 95 Abs. 1 SGB V handelt es sich bei MVZ per Gesetz um ärztlich geleitete Einrichtungen.

Laut dem Bundesministerium für Gesundheit liegen keine Erkenntnisse vor, „dass ärztliche Leiterinnen und Leiter [der gesetzlich ausdrücklich zugeschriebenen Schutzfunktion zur Abschirmung der ärztlichen Behandlungstätigkeit vor sachfremder Einflussnahme] in investorenbetrieben MVZ unzureichend erfüllen.“ (Bundestag-Drs. 20/5166, S. 7)